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#182 Richtig Fragen stellen – die hohe Kunst der Rhetorik oder nur übertriebenes Getue? Teil 1 von 2

question-mark-1872634_1280 (1)Richtig Fragen stellen – die hohe Kunst der Rhetorik oder übertriebenes Getue? Teil 2/2

(Bildquelle: Pixabay)

Wenn ich in meinen Seminaren (egal, ob Vertrieb oder Führung) auf das Thema „richtig Fragen stellen“ (nicht zu verwechseln mit (richtige Fragen stellen) zu sprechen kommen, dann entspannen sich bei den Teilnehmenden die Gesichtszüge. Dazu ist ja schon mal alles gesagt und da wir das jeden Tag machen, wird es nichts grundlegend Neues geben – also Zurücklehnen und konsumieren. Diese Einstellung ändert sich mit zunehmendem Eintauchen in das Thema.

Und weil es doch Einiges dazu zu schreiben gibt, gibt es hier erstmalig zwei aufeinander folgende Beiträge, da es für einen zu lang ist. Im ersten Teil möchte ich die verschiedenen Fragearten beleuchten, um im 2. Teil die dazu nötigen Regeln zu beschreiben. Steigen wir also ein.

 

Welche Fragearten gibt es überhaupt?

Die wichtigsten Fragearten sind sicher offene und geschlossene Fragen. Schon exotischer, aber auch viel genutzt sind Gegen-, Informations-, Suggestiv-, Alternativ- und weitere ca. 15 Fragearten. Ich möchte mich hier auf die wichtigsten im Geschäftsleben konzentrieren.

 

Offene und geschlossene Fragen

Früher haben wir gesagt, typische offene Fragen sind die sogenannten „W“-Fragen, also „wieso, weshalb, warum, woher etc“. Ist dann „Welchen Tag haben wir heute?“ eine offene Frage, wenn das Antwortpotenzial ein Wort ist, nämlich „xtag“. Oder die Frage „Wer ist dafür zuständig? Antwort „Frau Meier“.

Daher definiere ich offene Fragen so, dass es alle Fragen sind, die nicht mit einem oder zwei Worten zu beantworten sind. Dazu ist ein kompletter Satz nötig. „Wir haben heute Sonntag, den 24. Dezember 2025“ liefert folglich schon einige Informationen mehr mit. Und damit sind wir beim Vorteil offener Fragen. Die Antwort liefert wesentlich mehr Informationen, als lediglich ein Wort.

In diesem Zusammenhang bin ich in Vertriebsseminaren immer baff erstaunt, wie unglaublich viele geschlossene Fragen auch zu Beginn eines Vertriebsprozesses und auch von erfahrenen Vertrieblern gestellt werden.

Warum ist dem so? Ich glaube, das liegt daran, dass wir Angst vor Kontrollverlust und „numerischem Überlauf“ haben, wenn offene Fragen dazu führen, dass zu viele Informationen in zu kurzer Zeit zu nicht steuerbaren Themen auf uns einprasseln. Wir erkaufen uns den Vorteil der vermeintlichen Kontrolle dann lieber (unabsichtlich) mit reduzierten Informationen durch geschlossene Fragen. Offene Fragen gehören im Vertriebsprozess an den Anfang und auch bei Führungsgesprächen helfen sie, von der Annahme ins Wissen zu kommen, wie mein Gegenüber die Lage einschätzt und warum er/sie das so sieht.

 

Geschlossene Fragen sind dann also die Fragen, auf die das Antwortpotenzial übersichtlich lang ist, also „ja – nein – vielleicht – Donnerstag – Frau Meier“. Diese Fragen sollten wir einsetzen, wenn wir einen gedanklichen Prozess eng führen wollen, zum Beispiel bei Abschlussverhandlungen im Vertrieb oder wenn wir auf ein bestimmtes Ziel hinauswollen, ohne dass unser Gegenüber groß in die Entscheidung eingebunden werden soll. Beachten Sie dabei bitte ausdrücklich den Unterschied zwischen Motivation und Manipulation. Geschlossene Fragen können uns allerdings auch helfen, verschlossene Menschen ins „Reden“ zu bringen. Wir nötigen ihnen zunächst einzelne Worte (ja – nein – vielleicht – Donnerstag) ab und wenn sie sich darüber etwas öffnen, dann können wir zu offenen Fragen übergehen.

 

Alternativfragen
Mit Alternativfragen geben wir unserem Gegenüber das Gefühl, er/sie könne frei entscheiden, wobei wir die Möglichkeiten der Entscheidungen stark einschränken. „Wollen wir uns Donnerstagnachmittag oder Freitagvormittag treffen?“ schließt zunächst alle anderen Wochentage aus und gleichwohl kann mein Gegenüber ja entscheiden. Alternativfragen (zumal, wenn wir ganze Sequenzen aufeinander aufbauen) müssen vorgedacht werden. Da steckt Aufwand drin. Der berühmteste aller Vertriebsprozesse in der Fastfood-Gastronomie besteht fast ausschließlich aus Alternativfragen. Dabei steht die schwierigste Frage am Anfang und wird mit Bildern unterstützt: „was möchte ich heute?“ Danach kommen nur noch Alternativfragen:


- Einzeln oder als Menü (Vorgabewert = Menü)
- Groß oder kein (Vorgabewert = Groß)
- Mit Cola oder Wasser (Vorgabewert = Cola)
- Mit Pommes oder Salat (Vorgabewert = Pommes)
- Ketchup oder Majo (die berühmteste aller Alternativfragen)
- Zum Hieressen oder Mitnehmen (die leichteste Alternativfrage am Schluss)

 

Was können wir daraus für uns lernen?

  1. Die schwierigste (Alternativ)frage an den Anfang und dann immer einfacher werden, weil mein Gegenüber das Gefühl hat, mit jeder Frage, die kommt, wird die Entscheidung immer einfacher und er/sie fühlt sich immer wohler. Würden wir mit der einfachsten Frage beginnen steigt mit jeder Alternativfrage die Gefahr, dass mein Gegenüber aussteigt.
  2. Wenn die Antwort „Salat“ kommt, kann ich nicht mit „Ketchup oder Mayo?“ kommen. Ich muss meine nächste Alternativfrage sofort anpassen auf „Joghurt oder Balsamico?“ Und das macht die Sache herausfordernd. Daher müssen Sequenzern aus Alternativfragen immer vorbereitet werden.

Leitfaden für Mitarbeitergespräche

 

Gegenfragen

Hier gibt es für mich zwei Ausprägungen, eine ausgesprochen positive und eine ausgesprochen negative. Die positive Ausprägung lautet.

- „Was schlägst du denn vor?“
- „Wie sieht denn deine Idee dazu aus?“

Damit rege ich zur Übernahme von Eigenverantwortung und Selbstreflektion an. Ich lasse mir (bildlich gesprochen) nicht den Affen meines Gegenübers auf meine Schulter setzen und mache seine/ihre Arbeit.

Die negative Ausprägung wertet, baut Gegendruck auf und führt zu Rechtfertigungen (ich fertige mir das Recht, weil …=). Sie lautet

- „Wie blöd bist du denn?“
- „Wie konnte dir das denn passieren?“
- „Warum hast du da nicht ordentlich aufgepasst?“

 

Informationsfragen

sollen helfen, Dinge zu verdeutlichen, Unklarheiten zu beseitigen, Informationen zu liefern.

- „Warum ist dir das wichtig?“
- „Bis wann haben wir da eine Lösung?“
- „Welche Ergebnisse haben wir im letzten Monat im Vergleich zum Vormonat erreicht?“

 

Suggestivfragen

Ich habe ein Ziel, was ich unbedingt erreichen möchte und mein Gegenüber soll mir gefälligst zustimmen.

- „Bist du nicht auch (mit mir) der Meinung, dass …?“
- „Willst du das Projekt wirklich gefährden, indem …?“

 

Laufen Fragen immer nur über die das gesprochene Wort? Nein, wir können mit unserer Körpersprache (Kopfschütteln, fragender Gesichtsausdruck, Hochziehen von Schultern oder Augenbrauen) mindestens ebenso intensiv (hinter)fragen.

Und? Ist das Thema spannend genug? Dann freuen Sie sich auf den zweiten Teil, indem es um weitere Regeln bei der Anwendung von Fragen geht. Ich freue mich, wenn Sie mir Ihre Erfahrungen und Meinung dazu mir per Mail oder über die sozialen Medien mitteilen.

 

Lesen Sie dazu auch folgende interessante Blog-Artikel:

 

Hier noch das passende Zitat eines Teilnehmers:
Ich habe gelernt, grundsätzlich mehr zu hinterfragen. Das gilt auch für die eigene Ausrichtung von „tun“ und „sein“. Die Übungen bzw. Situationsrunden haben mir dabei zu viel Selbsterkenntnis verholfen.
Matthias Schawe, Niederlassungsleiter Hamburg, OSMA-Aufzüge Albert Schenk GmbH & Co. KG

 

Sie möchten das hier angerissene Thema vertiefen und uns kennenlernen? Sie haben Interesse, vom Kennen ins Können zu kommen? Oder es interessiert Sie meine/unsere Meinung zu einem bestimmten Thema? Geben Sie mir/uns ein paar Stichworte und etwas Zeit und wir nehmen uns dessen in einem der nächsten Blogs gerne an. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

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Topics: Konzept, Mitarbeitergespräche, Mitarbeiterführung, Kundenansprache

Mathias Heinrich

Geschrieben von Mathias Heinrich

Impulsreihe Führung to Go kennenlernen

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