Sowohl in Coachings als auch in meinen Führungsseminaren bin ich in den letzten Wochen verstärkt über Meeting-Regeln gestolpert. Das hat mich motiviert, mich dieses Thema hier einmal anzunehmen. Müssen wir im Zeitalter von Industrie 4.0, Webcasts und Management by Distance wirklich noch mit REGELN beschäftigen oder ist das nicht lange überholt?
Immer wieder ein Problem:
Hintergrund ist jeweils die Beobachtung, dass Meetings nicht mehr so effektiv (wirksam) sind, sich endlos in die Länge ziehen und am Ende nicht wirklich was dabei herauskommt. Bei steigender Arbeitsbelastung also durchaus ein Bereich, wo Optimierungspotenzial sinnvoll sein kann.
Warum Regeln?
Regeln gehören seit jeher zu allen Formen menschlichen Zusammenlebens. Sie sind nötig, um die Grenzen Einzelner nicht zu überschreiten und damit den Freiraum des Individuums sicherzustellen. Mich treibt in diesem Zusammenhang das Gefühl um, dass genau in dem „seit jeher“ der Schlüssel liegt, warum Besprechungsregeln heute als Anachronismus gelten. Frei nach dem Motto, „Alles, was damals richtig war, gilt im Zeitalter von Internet und künstlicher Intelligenz nicht mehr“.
Ich halte diese Annahme allerdings für falsch. Unser Betriebssystem (also die Art, wie wir als Mensch ticken) hat sich über Jahrtausende entwickelt und verfeinert. In der IT früher übliche Update-Zyklen von 6, 12 oder 24 Monaten kennt unser Gehirn nicht. Wir brauchen hunderte von Jahren, bis Updates in Genetik und Entscheidungen ankommen. Da müssen wir doch nicht wirklich glauben, dass unsere Programmierung heute nichts mehr wert ist, nur weil wir Internet, Microsoft, Google und Amazon haben!
Also, immer da, wo Menschen zusammen etwas tun, braucht es (Spiel-)Regeln, die dieses Tun lenken. Was passiert, wenn ein Spiel ohne jegliche Regeln gespielt wird? Spätestens dann, wenn sich Spieler 2 durch Spieler 1 benachteiligt wird, kommt es zur Auseinandersetzung zwischen den beiden. Nun gibt es bei Besprechungen heute (hoffentlich) keine Anarchie mehr (jedenfalls nicht auf dem Besprechungstisch, wohl aber das eine oder andere Mal darunter), gleichwohl sind die damit verbundenen Mechanismen halt viele Tausend Jahre alt.
Und damit sind wir bei der ersten notwendigen Voraussetzung für Regeln:
Alle „Mit-Spieler“ müssen akzeptieren, dass danach gespielt wird. Wenn einer ausschert oder sich den Regeln verweigert, dann gibt es Streit.
Wenn Sie also Meeting-Regeln vereinbaren, dann machen Sie idealerweise zu Beginn des Meetings diese Regeln bekannt und fragen „Gibt es etwas, was dagegenspricht, dass wir uns an diese Regeln halten?“ Diese Frage ist deswegen wichtig, weil im Falle des groben und nachhaltigen Verstoßes gegen eine der Regeln auf das anfangs gegebene Einverständnis Bezug genommen werden kann.
Wie können diese Regeln aussehen?
Nun ein paar exemplarische Beispiele für Regeln als Inspiration. Entscheidend ist (wie grad geschrieben), dass alle Teilnehmer damit einverstanden sind.
- Jeder Beitrag dauert nicht mehr als x Zeiteinheiten – über Ausnahmen (grundlegende Erläuterungen/Einleitungen etc.) wird mehrheitlich abgestimmt.
- Jeder Teilnehmer darf sich während eines Meetings x Mal äußern.
- VOR dem Meeting werden nicht nur die Themen verteilt, sondern auch die jeweils gewünschten Ziele (nach der SMART – Definition, siehe Blog „Abteilung ohne Führungskraft“).
- Festgesetzten Meetingzeiten werden im Interesse aller um nicht mehr als x Minuten überschritten.
Ein bisschen scherzhaft, aber durchaus einen Gedanken wert (im Sinne von Querdenken): Unterschreitungen der geplanten Zeiten werden den jeweiligen Zeitarbeitskonten der Beteiligten gutgeschrieben und führen zu einem früheren Renteneintritt. - Wer nicht entsprechend vorbereitet ist, mehr als 5 Minuten zu spät kommt, während des Meetings sein Smartphone füttert, wird gemäß gemeinsamer Vereinbarung sanktioniert.
Es macht keinen Unterschied, ob diese und andere Regeln bei persönlichen Treffen aller Art, Webcasts oder Webcalls oder Telefonkonferenzen angewendet werden. Im Sinne der Wertschätzung meines Gegenübers gelten diese immer dann, wenn mindestens zwei Menschen aufeinandertreffen. Und „eigentlich“ sollten es Selbstverständlichkeiten sein! Nur glauben halt viele Zeitgenossen, dass es sich um Anachronismen handelt – weit gefehlt.
Ich wünsche Ihnen zielfokussierte und ergebnisorientierte Meeting mit minimalen Streuverlusten und freue mich, wenn Sie Ihre Erfahrungen dazu mir per Mail mitteilen.
Hier noch das passende Zitat einer Seminarteilnehmerin:
Ich habe aus dem Seminar eine neue und andere Selbstwahrnehmung und Eigeneinschätzung mitgenommen. Ich habe nun eine deutlich effektivere Eigenorganisation sowie mehr Motivation und Energie für die eigenen Tätigkeiten. Mitgenommen habe ich das großartige Gefühl nachdem ich mich selbst überwunden habe in Situationen zu gehen, die ich früher vermieden hätte. An den Seminarleiter Mathias Heinrich: „Du hast durch deine herzliche und verbindliche Art es geschafft, mich erfolgreich dabei zu unterstützen, an meine Grenzen und darüber hinaus zu gehen. Danke dafür !!“
Kerstin Wemheuer, Geschäftsführerin der infinitas GmbH
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