Bis in die 80er Jahre des letzten Jahrtausends wurden Mitarbeitende zu Führungskräften berufen, wenn sie zwei Kriterien erfüllten.
- Sie mussten profunde Fachkenntnisse unter Beweis gestellt haben und diese auch weitergeben können.
- Sie mussten diese Fachkenntnisse über einen gewissen Zeitraum ihrem Unternehmen angedient haben, sodass eine gewisse Sicherheit für das Unternehmen da war, dass diese Berufung auch erfolgreich sein würde.
Mit dem Aufkommen von Internet wurde das Wissen (die Fachkenntnisse) ein Stück austauschbarer und andere Kriterien rückten in den Vordergrund. Wie wichtig ist dann das Fachwissen und daraus resultierend die Beantwortung von Fragen für die Führungskraft heute noch?
„Chef ich hab da mal ne Frage, hilf mir mal bitte weiter. Der Punkt ist, dass ….“ Als Führungskraft des letzten Jahrtausends habe ich mich im Prinzip geschmeichelt gefühlt, wenn ich so angesprochen wurde. Schließlich wurde ja mein Fachwissen nachgefragt und natürlich habe gern mit Wissen und Erfahrung ausgeholfen – ich war ja schließlich Chef und das konnte von mir erwartet werden. Dafür wurde ich bezahlt.
Irgendwann habe ich dann selbst zum ersten Mal das Beljean Führungsseminar besucht und eine der ersten Fragen war, was ich denn lieber erledige würde – die Ideen meiner Führungskraft umzusetzen oder meine eigenen Ideen? Sofort habe ich (keine Ahnung warum) an zuhause gedacht. Was mache ich da lieber? Das, was meine Frau mich bittet, zu tun oder das, was mir selbst grad einfällt. Diese Antwort fiel mir dann gar nicht schwer und seitdem liebe ich die (Rück-)frage „Was schlägst du vor, was ist deine Idee dazu?“
Eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten, ist unhöflich – so lernen wir es in der Schule und im Leben. Ändert aber grad gar nichts daran, dass wir heute (und das ist anders als in der Taylor´schen Arbeitswelt des 19. + 20. Jahrhunderts) selbstdenkende MitarbeiterInnen brauchen, um die hohen Vorgaben unserer Unternehmen zu erreichen.
Die Frage ist die neue Antwort
Um dieses Ziel zu erreichen, kommen wir als Führungskraft mit Fachkenntnissen und dem Beantworten von Fachfragen (etwas platt ausgedrückt) nicht mehr wirklich weiter.
Hinzukommt, dass die jungen Menschen heute ganz eigene Vorstellungen davon haben, wie sie geführt werden wollen und vor allem davon wie Wertschätzung aus ihrer Sicht aussieht.
Als Führungskraft müssen wir heute Menschen begeistern können, wir müssen ihnen Visionen einpflanzen können, die sie antreiben, diese Utopien erreichen zu wollen. Es geht hier auch ein Stück um die Sinnfrage für die jungen Menschen.
Um das bewerkstelligen zu können, genügt es nicht, mit Fachkenntnissen der Vergangenheit zu glänzen. Und schlimmer noch, durch den immer schneller voranschreitenden Technologiewandel sinkt die Halbwertzeit von Fachwissen von Jahr zu Jahr. Das muss in der Konsequenz dazu führen, dass über kurz oder lang das Fachwissen von Führungskräften nachhaltig an Wert verliert. Wenn dem aber so ist, dann sollten wir nicht länger dran festhalten. Es bleibt uns als Führungskraft also gar nichts andres mehr übrig, als uns auf unser Team zu verlassen.
Als Führungskraft (und auch das habe ich im Beljean Seminar gelernt) sollten wir AM und nicht IM Unternehmen arbeiten, denn meine Aufgabe ist es, FÜR und VON Veränderung zu wirken. Das geht aber nur (denn unser Tag hat ja auch nicht mehr Stunden), wenn wir Fachaufgaben delegieren können.
Machen wir uns bitte bewusst, wenn wir (Rück-)fragen stellen, ist das immer gleichbedeutend mit einer Einladung zur Zusammenarbeit. Wenn wir Antworten liefern, dann ist das die Aufforderung zur Ausführung.
Damit einher geht übrigens auch eine gewisse Fehlertoleranz für Fehler, die uns neue Erkenntnisse bringen. Und, „die Qualität der Antwort korreliert zu 100% mit der Qualität der Frage“. Will sagen, je besser die Frage, desto besser die Antwort. Wenn wir also gute Fragen stellen, werden wir gut Antworten (oder Lösungen) bekommen.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie den Mut aufbringen, gute Fragen parat zu haben, wenn Ihre Mitarbeitenden mit Fragen zu Ihnen kommen. Gern können Sie Ihre Erfahrung nutzen, aus zwei Lösungsvorschlägen Ihres Teams die bessere zu wählen. Lassen Sie sich aber nicht den „Affen“ der Frage insgesamt auf Ihre Schulter setzen.
Ich freue mich, wenn Sie mir Ihre Erfahrung und Meinung zu diesem Thema per Mail oder über die sozialen Medien mitteilen.
Lesen Sie dazu auch folgende Blog-Artikel:
- #98 Werden wir zur Führungskraft ernannt oder befördert?
- #182 Richtig Fragen stellen - die hohe Kunst der Rhetorik oder nur übertriebenes Getue? Teil 1 von 2
- #183 Rictig Fragen stellen - die hohe Kunst der Rhetorik oder nur übertriebenes Getue? Teil 2 von 2
Hier noch das passende Zitat eines Teilnehmers:
Ich habe gelernt, grundsätzlich mehr zu hinterfragen. Das gilt auch für die eigene Ausrichtung von „tun“ und „sein“. Die Übungen bzw. Situationsrunden haben mir dabei zu viel Selbsterkenntnis verholfen.
Matthias Schawe, Niederlassungsleiter Hamburg,
OSMA-Aufzüge Albert Schenk GmbH & Co. KG
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